Jakob Lorber

Der Prophet Jakob Lorber

Jakob Lorber

Mit Jakob Lorber (1800-1864) treffen wir auf einen besonderen Menschen, der ein einfaches und bescheidenes Leben als Musiker und Hauslehrer führte, dabei aber Zugriff auf einen unermesslichen geistigen Reichtum hatte. In seinem vierzigsten Lebensjahr hörte er morgens am 15. März 1840 deutlich eine innere Stimme, die ihm zurief: „Steh' auf, nimm deinen Griffel und schreibe!“ Er gehorchte diesem geheimnisvollen Ruf, worauf ihm innerhalb von vierundzwanzig Jahren, bis zu seinem Tod, mehrere Bücher und etliche Nebenworte diktiert wurden. Jakob Lorber empfand die in ihm redende Geistesquelle als die Stimme von Jesus Christus, das lebendige Wort Gottes. Er hörte das innere Wort wie einen höchst klaren Gedanken, wie ausgesprochene Worte, aus der Gegend des Herzens.

Jakob Lorber schrieb zwar Tausende von Seiten selbst nieder, war aber durchaus kein Schreibmedium oder automatischer Schreiber. Seine Hand wurde nicht von einer fremden Intelligenz geführt, und er befand sich auch nicht in einer Trance, während er das innere Wort niederschrieb oder einem Freund in die Feder diktierte. Von besonderen Hilfsmitteln und Umständen war er auch nicht abhängig; lediglich ein ruhiger und ungestörter Ort waren für Empfang und Niederschrift notwendig, wobei aber Freunde problemlos anwesend sein konnten. Die Niederschrift der Kundgaben verlief auch nicht völlig fehlerfrei, wie manchmal berichtet wird; die Texte sind nur in einem Zug geschrieben, das Ergebnis eines Diktates und nicht das der Produktion eines Autors, der seine Arbeit öfters nachbessern muss. Die irrige Vorstellung, Jakob Lorber sei ein automatisches Schreibmedium, beruht auf einer widersprüchlichen Anmerkung in der Lorber-Biographie von Karl Gottfried von Leitner. Er schreibt dort: „am schnellsten und zugleich am richtigsten schreibe er (Lorber) dann, wenn er die Hand sich ganz mechanisch mit der Feder fortbewegen lasse“. Zugleich macht Leitner aber auch deutlich, Jakob Lorbers Hand werde nicht „mechanisch durch eine fremde Intelligenz geführt“. Vermutlich versuchte der Biograph die übernatürliche Herkunft der Kundgaben besonderes zu betonen, übersah dabei aber seine eigenen Angaben an anderer Stelle und jene von Jakob Lorber selbst.

Obwohl die Niederschriften Jakob Lorbers schon zu seinen Lebzeiten eine Schar begeisterter Anhänger hatte und er von den erhaltenen Durchgaben selbst zutiefst beeindruckt und berührt war, blieb er sehr bescheiden und demütig. Er sah sich durchaus nicht als Missionar, Prediger oder Religionsgründer, noch nicht einmal als Prophet, obwohl er als solcher wirkte. Er bezeichnete sich lediglich als Schreibknecht Gottes, der das an ihn ergehende Wort des Herrn niederschrieb. Darauf bildete er sich nichts ein. Lorber lebte zu einer Zeit der Zensur und Unterdrückung durch den Obrigkeitsstaat und die Kirche. Deswegen mussten seine Schriften verborgen gehalten werden. Er konnte lange keinen Verleger finden, da es keiner wagte, die Bücher herauszugeben. Man bedrohte ihn sogar mit gerichtlicher Verfolgung, wenn er sich als Prophet oder als Gottesschreibknecht bezeichnen lasse. Die Kundgaben über Robert Blum, der während der Märzrevolution im Jahr 1848 hingerichtet worden war, konnten erst Jahrzehnte nach dem Verscheiden Jakob Lorbers veröffentlicht werden.

Während der 24 Jahre des Niederschreibens der Kundgaben (1840-1864), verbrachte Jakob Lorber den Vormittag größtenteils am Schreibtisch. Sein Schreiben betrachtete er als seinen eigentlichen Lebensberuf, für den er das Geben von Konzerten aufgab. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, gab er Musikstunden und stimmte Klaviere. Obwohl seine Bedürfnisse sehr bescheiden waren, geriet er in späteren Jahren, als er gebrechlich geworden war, in existentielle Nöte, worauf ihm seine Freunde aushalfen. Seine Bücher wurden von anderen Personen unter großen Geldopfern gedruckt; Jakob Lorber selbst bezog nie ein Buchhändler-Honorar. Er blieb unverheiratet und litt in seinen letzten Lebensjahren an einer gichtischen Wassersucht, die ihn öfters ans Bett fesselte, weswegen er die Kundgaben ab dem 11. April 1864 nicht mehr selbst niederschrieb, sondern einem Freund diktierte. Er starb im Jahr 1864 materiell verarmt in Graz. Der Arzt Dr. Rainer Uhlmann stellte dazu fest, dass Jakob Lorber wahrscheinlich nicht an einer Lungenerkrankung starb, wie in diversen Arbeiten angenommen, sondern an einer Blutung aus Ösophagusvarizen, wie sie bei einer Leberzirrhose auftreten kann, oder an einer Magenblutung durch ein chronisches Geschwür, oder an Krebs. Um falschen Schlüssen vorzubeugen, betont er außerdem, dass Leberzirrhose keinesfalls beweisend für Alkoholismus ist.

In den erhaltenen Kundgaben wird Jakob Lorber als Schreiber der Offenbarung des Wortes Gottes bezeichnet, als Knecht des Herrn zur Kundgabe des ewigen Reiches, das die Liebe Gottes ist. Genealogisch gehöre Lorber zum Stamm Davids und stamme von Joel ab, dem ältesten Sohn Josephs, des Ziehvaters Jesu. Jakob Lorber wird in den Kundgaben einerseits mit dem Propheten Elias und mit Lot verglichen, andererseits wegen diverser Schwächen ermahnt, wobei sich Ermutigungen und Ermahnungen die Waage halten. Die verkündigte Abstammung und hohen Vergleiche stiegen Jakob Lorber jedenfalls nicht zu Kopf; er blieb ein einfacher Mensch und bezeichnete sich als unwürdigen, sündigen, wertlosen und schlechtesten Knecht.

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